Therapieambulanz Wangen
Physiotherapie - Ergotherapie - Logopädie
 
 
 
 

IN WEINGARTEN MELDEN SICH DERZEIT ABER VIELE BEIM SPORTVEREIN AN

Viele Kinder mit weit über 100 Kilo in Klinik

Wangen - Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit Übergewicht steigt im Landkreis Ravensburg. Das geht aus einer aktuellen Datenanalyse der Krankenkasse AOK hervor. Woran das liegen könnte und welche Methoden beim Kampf gegen die Kilos Erfolg versprechen, erklärt ein Ernährungsberater einer Kinder- und Jugendreha auf SZ-Nachfrage.
 Und es gibt scheinbar auch einen gegenläufigen Trend: Ein großer Sportverein aus Weingarten vermeldet dieser Tage einen Zuwachs an Mitgliederzahlen - gerade im Kinder- und Jugendbereich.  
  
Das Thema Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen nimmt an Brisanz zu: Bundesweit sind rund 15 Prozent übergewichtig, bei sechs Prozent spricht man sogar von Adipositas (krankhaftem Übergewicht). Nach einer aktuellen Datenanalyse unter AOK-Versicherten waren im Jahr 2021 in Baden-Württemberg über 26.000 Kinder und Jugendliche bis 19 Jahren wegen Adipositas in ärztlicher Behandlung, so die Mitteilung der Krankenkasse. Im Landkreis Ravensburg seien es 559 Kinder und Jugendliche mit der Diagnose. Ein Anstieg, denn bei derselben AOK-Erhebung vor fünf Jahren waren es im Kreis noch 464 Fälle mit extremem Übergewicht bei den bis zu 19-Jährigen.  
  
 

Wurden die Kinder im Kreis Ravensburg über die Pandemie vermehrt (krankhaft) dick?

 
Frank Hellmond arbeitet seit mehr als 20 Jahren in der Kinder- und Jugendreha an der Wangener Fachklinik - hier werden auch adipöse Kinder behandelt. „Wenn man mit Kollegen aus der Forschung spricht, gibt es die Vermutung, dass in den Corona-Jahren der Medienkonsum und das Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen hochgegangen sind“, sagt er. Offizielle Zahlen dazu, etwa vom Robert-Koch-Institut, gebe es aber nicht. Die Nachfrage an den Plätzen in der Wangener Fachklinik sei zwar hoch. „Aber die ist immer relativ hoch“, so der Ernährungstherapeut. 20 bis 30 adipöse Kinder mit oder ohne Begleitung seien im Schnitt an dem Wangener Standort der Waldburg-Zeil-Kliniken. Was er beobachtet, ist, dass die übergewichtigen Kinder inzwischen noch übergewichtiger sind als früher. „Wir hatten meinem Eindruck nach vor zehn Jahren selten Kinder mit weit über 100 Kilo. Jetzt machen diese fast schon den Großteil aus.“  
  
Laut Hellmond führen verschiedene Faktoren zu einer Adipositas. „Auch die Eltern, die mit ihren Kindern zu uns kommen, wissen im Prinzip, auf was es bei Bewegung und Ernährung ankommt“, holt er aus. Die meisten Menschen wüssten, wie man sich ernähren soll und dass Bewegung guttut. „Aber ob wir das umsetzen, hängt von psycho-sozialen Faktoren ab.“ Das könnten etwa die Familie, der Freundeskreis, das Lernen, Vorbilder, aber auch Frust oder Langeweile sein. „All das nimmt großen Einfluss darauf, was wir tun und was wir essen - und am Ende, wie viel wir wiegen.“  
  
In der Reha arbeite man unterschiedlich daran. Diäten seien für Kinder nicht geeignet. „Wir setzen auf die Ernährungspyramide“, erklärt Frank Hellmond. Die stelle eine ausgewogene Mischkost dar. Und dadurch könne man auf Verbote verzichten. Als Richtschnur dienen verschiedene Handportionen der einzelnen Lebensmittel in der Ernährungspyramide. „Darauf bauen wir auf. Zusätzlich gibt es die verschiedensten Schulungen zu Süßigkeiten, Zucker in Getränken, alternative Ernährungsformen und mehr.“ Das sei, wie Hellmond erklärt, die „technische Seite“, die man den Kindern vermittelt. Eine andere Ebene sei die therapeutische: „Es ist ja nicht Thema des Ernährungsberaters, mit den Kindern über Schulstress oder Medienkonsum zu reden.“ Ein interdisziplinärer Ansatz sei deshalb wichtig.  
  
So viel zur Therapie. Zurück zur AOK-Erhebung und der steigenden Anzahl übergewichtiger Kinder im Kreis. Auch die Krankenkasse sucht dafür Erklärungen. „Kinder essen bekanntlich gerne Süßigkeiten“, erklärt Markus Packmohr, Geschäftsführer bei der AOK Bodensee-Oberschwaben. Allein an der anhaltend unausgewogenen und kalorienreichen Ernährung könne es jedoch nicht liegen. „Einen mindestens genauso großen Anteil an diesem Negativtrend hat der Bewegungsmangel“, so Markus Packmohr weiter. Gerade in den kälteren Monaten leide die Lust an Bewegung auch bei den Jüngeren. Eine von der AOK beauftragte Civey-Umfrage bestätige das. 43 Prozent der befragten Eltern gaben darin an, dass sich ihre Kinder im Winter weniger bewegten.  
  
Markus Packmohr rät: „Um abzunehmen ist es wichtig, die Ernährungsgewohnheiten in der Familie zu hinterfragen und zu ändern. Regelmäßige Bewegung, am besten täglich, unterstützen ebenfalls dabei.“ Hilfreich sei die Tatsache, dass nach den pandemiebedingten Einschränkungen wieder alle Bewegungsmöglichkeiten offenstünden und nach Herzenslust Sport betrieben werden könne. Turn- und Sportvereine haben attraktive Angebote für alle Altersklassen in ihren Programmen.  
  
Ein Blick nach Weingarten bestätigt das. Waltraud Rosenfelder, die erste Vorsitzende des hiesigen Turnvereins, sagt im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“: „Es läuft gut bei uns. Wir haben wachsende Mitgliederzahlen.“ In der Pandemie habe man sich zwar „relativ stabil“ gehalten, wie Rosenfelder sagt, aber die Neuanmeldungen hätten in diesen Jahren gefehlt. „Wir haben jetzt aber verstärkt Neuanmeldungen“, kann sie vermelden. Und die kommen insbesondere aus dem Kinder- und Jugendsport. Die Vereinschefin kann einen deutlichen Zuwachs - auch im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau - verkünden: „Wir haben die Marke von 1.500 Mitgliedern geknackt, vorher waren wir darunter.“ Interessierte können zum Beispiel am 1. April beim „Super-Samstag“ in Weingarten Informationen zum Turnverein und den verschiedenen Sportarten bekommen.  
  
 
Artikel aus: Schwäbische Zeitung, Ausgabe RV, vom 23.3.23, Autor Paul Martin.  
  
 
  
  
Veröffentlicht am: 24.03.2023  /  News-Bereich: Neuigkeiten über uns
Artikel versenden
Artikel drucken
 
home